Die originale Wechmarer Brauttracht:
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Arnstädter Ethnologe Ernst Stahl auf der Suche nach originalen Trachten in ganz Thüringen unterwegs. Er suchte Kleidungsstücke, die etwa seit einhundert Jahren im mittelthüringischen Raum nicht mehr getragen wurden. Auf Spurensuche in Wechmar ist er fündig geworden. Er entdeckte bei einer Wechmarer Mittelbauernfamilie mehrere Teile einer Wechmarer Hochzeitstracht.
Zu den Fundstücken gehörten: Eine sehr seltene aus goldenen Fäden gestickte Brautjungfernhaube mit auffällig farbig gestreiften Bändern, dazu ein Brautmieder mit wertvollen metallenen Schließen und der völlig zerstörte Flitterheid, einer roten Wechmarer Brautkrone. Diese originalen Teile waren die Grundlage zur Trachtenrekonstruktion.
Die Wechmarer Brautracht der Frau besteht aus einem dunklen, das Knie gut bedeckenden Seiden- oder Taftrock. Darüber liegt eine gestickte, bis zum Rocksaum reichende weiße Schürze als Zeichen der Jungfräulichkeit. Der Bund der Schürze wird gehalten von einem bunten Seidenband, das zur Schleife gewunden am Schürzensaum erkennbar ist. Der schwarze Schnürschuh ist einfach, dafür sind die weißen Strümpfe am oberen Saum wertvoll bestickt und verraten, dass in der Unterwäsche versteckt, am Oberschenkel ein kunstvolles blaues Band wartet. Das den Oberkörper bedeckende hochgeschlossene weiße Mieder mit dreiviertellangen weiß-bestickten Ärmeln wird bedeckt von einem Schnürmieder, das durch metallene Schließen und nicht durch Bänder gehalten wird. Das Schnürmieder ist aus edlen blumig-farbenreichen Stoffen. Als Zeichen des zu schließenden Ehebündnisses trägt die Braut nach der Einsegnung den Malschatz, das Geschenk ihres Bräutigams als wertvolle Halskette. Das hochgesteckte Haar verbirgt die Braut unter der roten Flitterkrone, auf einem zylindrisch angefertigten Untergrund, werden rote Seidenbänder in Bliesen gelegt, zwei bis vier Bänder fallen am Hinterkopf bis über die Schulter herab. Die Spitze der zylindrischen Haube trägt den Flitterheid, eine aus dünnen Goldfäden zusammen gesteckte Krone mit Metallblättchen, kleinen Glaskugeln und Glassteinen verziert.
Die Tracht des Bräutigams ist schlichter. Er trägt über dem schwarzen Schnallenschuh und den weißen Kniestrümpfen, eine aus Naturleder gefertigte Kniebundhose mit farbigen Halterbändern. Seine edle, aus dunklen Stoffen gefertigte Weste über dem weißen Hemd mit Stehkragen ist mit silbernen oder goldenen Knöpfen reich verziert und eine Uhrenkette wird sichtbar. Er trägt einen schwarzen oder dunklen Bratenrock, der bis zur Kniekehle reicht. Große Taschen und Ärmelaufschläge sind kennzeichnend für dieses Gewand, ebenso, wie eine Vielzahl von silbernen oder goldenen Knöpfen. Am Revier trägt der Bräutigam ein Blumensträußchen als Zeichen des Eheversprechens und aus seiner Manteltasche zeigt sich das weiß bestickte Taschentuch, welches die Braut ihm am Tage des Verlöbnisses übergab. Als Kopfbedeckung trägt der Bräutigam entweder den mit Blumen geschmückten Dreispitz oder einen Zylinder, an dem rote Seidenbänder der Freude befestigt worden sind.
Zur Wechmarer Brautgesellschaft gehören noch drei Personen, die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die Braut darf ein oder zwei Freundinnen zu Brautjungfern bestimmen. Diese tragen ihre Festtrachten bestehend aus Rock, Schnür- sowie Streifelmieder und dazu die in Thüringen einmalige Goldhaube der Brautjungfern. Auf einem farbigen Mützchen werden dabei goldene Fäden zu einem Netz verwoben, so dass der Untergrund nur noch leicht durch das Gold schimmert. Am Hinterteil der Haube werden farbig-bunte Bänder befestigt, die bis über die Schultern zum Rücken herunter reichen.
Eine weitere wichtige Person in der Brautzeremonie des Dorfes ist der Hochzeitsbitter, der seit dem Tage des Eheverlöbnisses im Dorf bekannt geben darf, dass bald Hochzeit ist. Er lädt in seiner Hochzeitsbittertracht mit schwarzem Bratenrock, Kniebundhose, hoher Weste und einem lustig bunten mit Seidenblumen geschmückten Zylinder auf dem Kopfe sowie einer Teifelsgeige oder einem Taktstock in der Hand die Gäste zum Festschmaus ins Haus der Brauteltern ein.